da im Forum regelmäßig von Problemen bei der Ausstellung von Zulassungsbescheinigungen für Buggies berichtet wird, will ich an dieser Stelle mal versuchen, einen Überblick zum Thema zu geben. Vieles basiert dabei auf den hilfreichen Beiträgen von bibo, agility und den anderen Experten hier im BC.
Vorab: Die ganze Sache ist ziemlich komplex, es existiert eine Vielzahl von Vorschriften, und in regelmäßigen Abständen ändert sich etwas. Das macht den Gang zur Zulassungsstelle mitunter zu einem echten Abenteuerurlaub. Ich werde versuchen, das ganze so übersichtlich wie möglich zu halten, möchte aber dennoch auch auf die Zusammenhänge eingehen (dies ist also die Stelle, wo man nochmal schnell zum Kühlschrank gehen sollte).
(1) Was sind eigentlich EEC und CoC?
EEC (European Economic Community) Type Approval = EG Typgenehmigung
... ist eine technische Prüfung, die ein Fahrzeughersteller bzw. Importeur mit seinem Fahrzeug durchlaufen muss, um dieses innerhalb der EU in den Verkehr bringen zu dürfen.
CoC (Certificate of Conformity) = Übereinstimmungsbescheinigung
... ist ein Dokument, das danach mit jedem Fahrzeug ausgeliefert wird. Hierin bescheinigt der Hersteller, dass das jeweilige Fahrzeug mit dem typgeprüften Modell übereinstimmt. Damit kann das Fahrzeug ohne jede weitere Prüfung in jedem Mitgliedsstaat der EU vom Besitzer angemeldet werden. In Deutschland werden dann auch - falls noch nicht vorhanden - die nationalen Fahrzeugpapiere erstellt.
(2) Okay. Aber wo liegen denn nun die Probleme?
CoCs sind in der Regel nicht vollständig ausgefüllt. Das kann viele Gründe haben. Es müssen z.B. an einigen Stellen nationale Bezeichnungen bzw. Schlüsselnummern eingetragen werden. Wenn dem (meist in Fernost sitzenden) Hersteller ein fachkundiger europäischer Importeur zur Seite steht, klappt das mitunter auch. Aber schau mal auf Deinem CoC unter dem Punkt 47.: Nichts eingetragen? Willkommen im Club!
(3) Warum muss das denn alles so haargenau angegeben sein?
Frage ich mich eigentlich auch (zumindest an einigen Stellen) ...
Zunächst einmal: Wie weiter oben schon geschrieben, werden anhand des CoC die nationalen Fahrzeugpapiere Zulassungsbescheinigung Teil I (alt: Fahrzeugschein) und Zulassungsbescheinigung Teil II (alt: Fahrzeugbrief) von der Zulassungsbehörde erstellt. Dabei müssen viele Daten vom CoC übernommen werden. Hier mal einige "neuralgische" Stellen in der Zulassungsbescheinigung Teil I:
Zulassungsbescheinigung Teil I
Speziell im unteren Bereich wird's kritisch. Die nationalen Bezeichnungen und Schlüsselnummern werden in Deutschland übrigens vom Kraftfahrtbundesamt (KBA) festgelegt. Dazu gibt es einen umfangreichen Katalog mit der Bezeichnung "Verzeichnis zur Systematisierung von Kraftfahrzeugen und ihren Anhängern". So manche Lücke im CoC würde sich schnell und unbürokratisch mithilfe dieses Kataloges schließen lassen. Aber wie so oft im Leben ...
(4) Auf welche Felder im CoC muss ich also achten?
Da gibt es einige. Die wichtigsten sind:
Fahrzeugklasse (Punkt 0.4.):
Beispiel: CoC Punkt 0.4.
Die meisten Buggies werden als L7e-Fahrzeuge angemeldet. Diese Fahrzeugklasse wurde mit der EU-Richtlinie 2002/24 geschaffen ("RICHTLINIE 2002/24/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 18. März 2002 über die Typgenehmigung für zweirädrige oder dreirädrige Kraftfahrzeuge und zur Aufhebung der Richtlinie 92/61/EWG des Rates"). Ohne diese Richtlinie wäre es höchst fraglich, ob Karts und Buggies jemals in Deutschland eine Zulassung zur Teilnahme am Straßenverkehr erhalten hätten. Gut, es gibt noch die Zulassung als Ackerschlepper (genauer: Land- und Forstwirtschaftliche Zugmaschine), aber das ist eine andere Geschichte.
Die offizielle Bezeichnung der Fahrzeugklasse L7e lautet gem. 2002/24/EG:
Wenn Dein Buggy als L7e-Fahrzeug zugelassen werden soll, dann muss das auch unter Punkt 0.4. im CoC so eingetragen sein. Die Zulassungsbescheinigung Teil I erhält dann die folgenden Einträge (gem. "Verzeichnis zur Systematisierung von Kraftfahrzeugen und ihren Anhängern"):Vierrädrige Kraftfahrzeuge [...] mit einer Leermasse von bis zu 400 kg (Klasse L7e) (550 kg im Falle von Fahrzeugen zur Güterbeförderung), ohne Masse der Batterien im Falle von Elektrofahrzeugen, und mit einer maximalen Nutzleistung von bis zu 15 kW. Diese Fahrzeuge gelten als dreirädrige Kraftfahrzeuge und müssen den technischen Anforderungen für dreirädrige Kraftfahrzeuge der Klasse L5e genügen, sofern in den Einzelrichtlinien nichts anderes vorgesehen ist.
Code: Alles auswählen
1. Fahrzeuge der Klasse L - Zweirädrige oder dreirädrige Kraftfahrzeuge sowie leichte 4-rädrige Kraftfahrzeuge - (s. Richtlinie 2002/24/EG)
+--------+--------+--------------------------+------------------+
| Feld J | Feld 4 |Feld 5, 1. Zeile | Feld 5, 2. Zeile |
+--------+--------+--------------------------+------------------+
| L7e | - |4rädr.Fz.b. 400 o. 550 kg | |
+--------+--------+--------------------------+------------------+
Beispiel: CoC Punkte 46. und 47.
Ab hier wird's interessant. Hoffentlich ist in Deinem CoC der Punkt 46. vollständig ausgefüllt (so wie in obigem Beispiel). Im "Leitfaden zur Ausfüllung der Zulassungsbescheinigung Teil I und Teil II" (ebenfalls vom KBA) steht bezüglich der Übertragung in die Zulassungsbescheinigung Teil I:
Mit den angenommenen Daten aus dem Beispiel-CoC würde also in der Zulassungsbescheinigung Teil I stehen:Feld V.9: Für die EG-Typgenehmigung maßgebliche Schadstoffklasse
Es ist die sich auf das Fahrzeug beziehende EU-Richtlinie aus dem CoC bzw. aus der Datenbestätigung oder dem EBE-Gutachten wie folgt zu übernehmen: Grundrichtlinie und danach die Folgerichtlinie (z. B.: 70/220*2001/1B). Wenn eine Angabe nicht besteht, ist ein Strich ( - ) einzutragen.
Code: Alles auswählen
+---------------+
| Feld V.9 |
+---------------+
| 97/24*2003/77 |
+---------------+
Nun zum traurigsten Kapitel des CoC, dem Punkt 47. Die Angaben, die hier stehen (sollten), wandern in die Felder 14 und 14.1 der Zulassungsbescheinigung Teil I. Nur - die Wahrscheinlichkeit, dass hier überhaupt etwas drinsteht, gleicht der einer Ablehnung einer Diätenerhöhung durch den Deutschen Bundestag. Ärger auf der Zulassungsstelle ist damit eigentlich schon vorprogrammiert. Obwohl ... gab es da nicht diesen "Leitfaden zur Ausfüllung der Zulassungsbescheinigung Teil I und Teil II" speziell für die Mitarbeiter der Zulassungsstelle?
Feld (14): Bezeichnung der nationalen Emissionsklasse
Anzuwenden ist das "Verzeichnis zur Systematisierung von Kraftfahrzeugen und ihren Anhängern" in der jeweils gültigen Fassung. [...] Bei Übernahme der Daten aus dem CoC ist die Angabe aus der (ggf.) unter Nummer 47 eingetragenen Schlüsselnummer abzuleiten. Ist für die Fahrzeugklasse eine Emissionsklasse einzutragen, der Wert jedoch unbekannt, ist unabhängig von der Fahrzeugklasse "EMISSIONSKL.NICHT BEK." und in Feld (14.1) 0088 einzutragen [...].
Schnell im "Verzeichnis zur Systematisierung von Kraftfahrzeugen und ihren Anhängern" nachgeschaut (sollte auch auf jeder Zulassungsstelle vorhanden sein):Feld (14.1): Code zu V.9 oder (14) - zur Emissionsklasse -
Anzuwenden ist das "Verzeichnis zur Systematisierung von Kraftfahrzeugen und ihren Anhängern" in der jeweils gültigen Fassung. [...] Im CoC ist der Code zu V.9 bzw. Feld (14) ggf. unter Nummer 47. eingetragen.
Code: Alles auswählen
I Emissionsklassen für Kraftfahrzeuge der Fahrzeugklasse L (Kleinkrafträder, Krafträder u. 3- und leichte 4-rädrige Kraftfahrzeuge):
Ic Kraftfahrzeuge der Klassen L5e und L7e; national: 3- und leichte 4-rädrige Kraftfahrzeuge (FZA-Schl.Nr. 26)
+-----------+------------------------+
| Feld 14.1 | Feld 14 |
+-----------+------------------------+
| 0309 | 2002/51;A:FZM.3-4RAED. |
+-----------+------------------------+
Wer nichts auslassen will, schaut halt nochmal nach, was denn in der aufgeführten Richtlinie 2002/51 steht. Der volle Titel dieser Richtlinie lautet "RICHTLINIE 2002/51/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 19. Juli 2002 zur Verminderung der Schadstoffemissionen von zweirädrigen und dreirädrigen Kraftfahrzeugen und zur Änderung der Richtlinie 97/24/EG". Dort ist nachzulesen, welche Abgasgrenzwerte L7e-Fahrzeuge einzuhalten haben:
Auszug aus der 2002/51/EG (Tabelle 2.2.1.1.5.)
Für Buggies gilt die vorletzte Zeile A mit Fremdzündungsmotor (FZM). Ein Hinweis darauf findet sich übrigens auch im Beispiel-CoC oben unter Punkt 46. Dort stehen auch die Emissionswerte des Buggies. Mit den Grenzwerten vergleichen - passt!
Übrigens: Die zum 01.01.2006 in Kraft getretene Verschärfung der Abgasgrenzwerte (siehe Zeile B in der Tabelle 2.2.1.1.5.) gilt nur für Motorräder, nicht für Buggies!
Schlüsselnummer zur Hersteller-Kurzbezeichnung (kein Pflichteintrag im CoC, der Vollständigkeit halber trotzdem hier aufgeführt):
Die Hersteller-Kurzbezeichnung und der Schlüssel dazu (Felder 2. und 2.1 in der Zulassungsbescheinigung Teil I) werden vom KBA vergeben. Dass nahezu sämtliche Buggyhersteller nicht im Herstellerverzeichnis des KBA gelistet sind, spielt dabei zumindest hinsichtlich der Angabe der Kurzbezeichnung noch keine Rolle: Hier wird einfach der verantwortliche Hersteller lt. Fabrikschild eingetragen. Bei der zugehörigen Schlüsselnummer allerdings finden sich mitunter hochkreative Einträge in den Fahrzeugpapieren. Da weist sich ein Buggy dann schon mal als Anhänger aus. Auch hier hilft der "Leitfaden zur Ausfüllung der Zulassungsbescheinigung Teil I und Teil II":
Nahezu jeder professionelle Fahrzeughersteller verfügt über einen WMI (World Manufacturer Identifier). In der Regel sind dies die ersten drei Ziffern der FIN (Fahrzeug-Identifizierungsnummer, früher: Fahrgestellnummer). Bei chinesischen Herstellern beginnen diese mit einem "L". Der Eintrag in der Zulassungsbescheinigung Teil I wäre dann:Feld (2.1): Code zu (2) - zur Hersteller-Kurzbezeichnung -
Es ist die vom KBA lt. Herstellerverzeichnis zugeteilte Schlüsselnummer zur Hersteller-Kurzbezeichnung zu Feld (2) einzutragen. Das Kraftfahrt-Bundesamt stellt das Herstellerverzeichnis zur Verfügung. Sind vom KBA keine Schlüsselnummern zugeteilt, ist wie folgt zu verfahren: bei Kraftfahrzeugen
- mit WMI (Welthersteller-Schlüssel-Nr.) = 0901
- ohne WMI = 0900
Code: Alles auswählen
+----------+
| Feld 2.1 |
+----------+
| 0901 |
+----------+
Nun ja ... versuch halt mal Dein Glück. Vielleicht klappt's ja, vielleicht aber auch nicht. Manchmal hilft auch eine Kopie der Zulassungsbescheinigung eines baugleichen Fahrzeugs (dann meist ausgestellt von einer kooperativen Zulassungsstelle). Schlimmstenfalls musst Du Deinen Buggy beim TÜV vorführen. Das kostet Zeit, Geld, Nerven ... aber leider gibt es da den Artikel 22 in der Richtlinie 2002/24/EG. Dort steht:
Willkommen in der europäischen Realität.Bis zur Harmonisierung der in den Mitgliedstaaten bestehenden Systeme zur amtlichen Zulassung und Besteuerung der von dieser Richtlinie erfassten Fahrzeuge können die Mitgliedstaaten zur Vereinfachung der amtlichen Zulassung und Besteuerung in ihrem Hoheitsgebiet einzelstaatliche Codesysteme anwenden. Die Mitgliedstaaten können auch vorschreiben, dass die Übereinstimmungsbescheinigung durch die nationale Codenummer ergänzt wird.
Keep ,
Chris
(c) 2007 Chris & buggy-club.de
[Edit Chris, 08.04.2007: Abschnitt zur Herstellerkurzbezeichnung ergänzt]
[Edit Chris, 19.01.2008: Grafikreferenzen umgestellt]